Schon von weitem ist die Spitze des Bissersheimer Kirchturms zu erkennen. Kommt man näher, fällt auch das große rote, mit anthrazitfarbenen Schindeln eingefasste Dach des Kirchenschiffes ins Auge. 250 Jahre ist die Kirche nun alt. Ein Grund, sie näher kennen zu lernen.
Beginnen wir mit unserer Besichtigung von der Hauptstraße aus. Was auffällt, ist die große Mauer mit einem Torbogen, der die Jahreszahl 1867 trägt. In jenem Jahr war die Erweiterung der Kirchenmauer vollendet. Erweitert werden musste deshalb, weil der um die Kirche gelegene Friedhof für Bestattungen nicht mehr ausreichte. Heute befinden sich dort allerdings keine Grabstätten mehr.
Vom Torbogen führt eine steile steinerne Treppe auf eine Ebene. Man braucht nur wenige Schritte zur Eingangstür der 250 Jahre alten Kirche. Das Alter verrät uns die über dem Portal befindliche Jahreszahl 1755.
Das Kirchenschiff ist, im Gegensatz zum pfälzischen Brauch, von Nord nach Süd ausgerichtet. Den Baumeistern blieb auch nichts anderes übrig, weil die Größe des Areals keine andere Bauweise erlaubte.
1738 begannen die Bauarbeiten am Kirchenschiff und 1744 stand ein Teil der Mauern. Doch dann stockten die Arbeiten. Das zur Übernahme der Kosten verpflichtete „Hohe Stift Worms“ und die „Kellerey Dirmstein“ weigerten sich zu zahlen. Es begann ein Gerichtsverfahren, über dessen Verlauf aber nichts bekannt ist.
Der im Jahre 1744 in sein Kirchenamt eingesetzte Bissersheimer Pfarrer Christoph Friedrich Hennemann war es schließlich, der mit Nachdruck dafür sorgte, dass der Kirchenbau 1755 vollendet wurde. Pfarrer Hennemann soll im Innern der Kirche vor der Kanzel beigesetzt worden sein.
Begeben wir uns nun in die Kirche. Den Besucher empfängt eine würdevolle Schlichtheit, die ganz der Tradition Martin Luthers entspricht.
Ein Schmuckstück in dem in hellen Farbtönen gehaltenen Kirchenschiff ist die Kanzel. Sie besitzt goldumrandete Füllungen mit Darstellungen von „Matthäus mit dem Engel“, „Markus mit dem Löwen“, „Lukas mit dem Stier“ und „Johannes mit dem Adler“. An der Rückwand der Kanzel befand sich einst das Abbild „Luther mit der Gans“.
Unser Blick geht nun hinauf zur Orgel. Sie steht nicht, wie in vielen Kirchen, im hinteren Kirchenschiff, sondern über dem Altarbereich. Die 1932 erbaute Orgel befindet sich in einem denkmalgeschützten Gehäuse aus dem Jahre 1770.
Einen außergewöhnlichen Charakter verleiht der Bissersheimer Kirche die Empore. Die Stützen waren in früheren Jahren mit Blumen, Palmenzweigen und Dornenkronen verziert.
Eine Besonderheit stellt der Altar dar. Er ist aus Eichenholz und enthält auf der Rückseite die Buchstaben „LS“ für Lorenz Schmitt, sowie die Jahreszahl 1760. Lorenz Schmitt war um diese Zeit Schultheiß in Bissersheim und Besitzer der Haltmühle. Er ist Stifter des Altars.
Der aus weiter Ferne sichtbare Kirchenturm steht auf der Ostseite des Kirchenschiffes. Erst nach und nach erhielt er seine heutige Gestalt und entstand in drei Stufen.
Im unteren Teil des Turmes befand sich ursprünglich der Chorraum der kleinen, um 1222 n. Chr. erbauten Kapelle, die wegen Baufälligkeit abgerissen werden musste. An Stelle der Kapelle errichteten die Baumeister unsere nunmehr 250-jährige, viel größere Kirche. Der alte Chorraum und der später als zweite Stufe darauf gebaute Kirchturm blieben jedoch stehen. Den Abschluss bildete schließlich im Jahre 1776 die dritte Stufe mit der Aufsetzung des sechseckigen Turmhelmes.
Es lohnt, das älteste Bauwerk Bissersheim, den alten Chorraum, zu besichtigen. In ihm stand einst ein aus Sandstein gefertigter Hochaltar. An der Decke sind noch zwei wulstige Kreuzrippen zu erkennen, die jeweils in einem Wandvorsprung enden. Unter einem dieser Wandvorsprünge steht ein Ecksäulchen mit attischer Basis und Eckknolle, rundem Schaft und Kelchkapitell. Es ist für Bissersheim zweifellos das wertvollste und bedeutendste Kunstwerk.
Im Turm befinden sich vier Glocken. Wie viele Glocken in der kleinen Kapelle aus dem 13. Jahrhundert hingen, ist nicht überliefert. In alten Dokumenten gibt es nur den Hinweis auf eine im Jahre 1708 gegossene, 267 kg schwere Glocke. Sie ist 1879 zersprungen und anschließend umgegossen worden. Im August 1917 ereilte sie mit einer weiteren Bissersheimer Kirchenglocke das Schicksal der Verwendung für Kriegszwecke.
Zum Abschluss unserer kleinen Kirchenbetrachtung gilt es, auf eine Glocke hinzuweisen, die in der Pfalz besondere Beachtung findet.
Die trennenden Lehrunterschiede der reformierten und lutherischen Konfessionen wurden 1818 mit einer Union überwunden. Aus diesem Anlass ließ die Bissersheimer Kirchengemeinde eine Glocke gießen. Sie hängt heute noch im Glockenstuhl. Ihre Inschrift lautet: „Gestiftet zum Andenken an die Religions-Vereinigung durch freiwillige Beiträge an Wein der Bürger zu Bissersheim 1818- Gegossen von GBR. Sprinckhorn und Schrader in Frankenthal“.
Mit dem Wissen um das historische Gotteshaus, seinem Kirchturm und den Glocken wird der nächste Besuch des Gottesdienstes von einer noch größeren Bedeutung sein.